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Keine Coronaviren-Gefahr durch Wasser oder Lebensmittel

Manche Viren können in der Umwelt wochenlang infektiös bleiben, der Covid-19-Erreger gehört zum Glück nicht dazu.


Foto: Zsolt Marton

Autor: Florian Aigner  (Veröffentlicht am 23. März 2020 für die TU Wien)

Manche Viren werden nur direkt von Mensch zu Mensch übertragen. Andere Viren können auch über die Umwelt weitergegeben werden. Wir nehmen sie beispielsweise auf, wenn wir fäkal-kontaminiertes Wasser trinken oder wenn wir ungekochte und ungewaschene Lebensmittel essen, z. B. Gemüse oder Früchte. Beim Coronavirus SARS-CoV-2 ist das erfreulicherweise nicht der Fall. Aber woher wissen wir das eigentlich so genau?

Prof. Andreas Farnleitner leitet das Forschungszentrum „Wasser und Gesundheit“ sowie die Forschungsgruppe Umweltmikrobiologie und Molekulare Diagnostik an der TU Wien. Sein Team beschäftigt sich seit Jahren mit Krankheitserregern in der Umwelt. „Man muss sich nur einige der ganz grundlegenden Eigenschaften des Virus ansehen, um zu verstehen, wie es sich verhält“, sagt Farnleitner. „Das können alle namhaften Wasserhygieneorganisationen auf nationaler und internationaler Ebene mit Sicherheit schon jetzt sagen, auch wenn es dazu für genau dieses Virus natürlich noch keine experimentellen Daten gibt.“

 

Der Ausbreitungsweg: Aus der Lunge nach draußen gehustet

Wichtig ist zunächst, an welchem Ort sich ein Virus überhaupt vervielfältigen kann. Im Fall von SARS-CoV-2 ist das klar: Es befällt vorwiegend den Respirationstrakt und wird dann aus der Lunge ausgehustet oder auch beim Atmen ausgeschieden. Deshalb wird es durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch weiterverbreitet.

„Wir finden jedoch in fäkal belasteten Wasserproben oft infektiöse Viren, aber dabei handelt es sich um ganz andere Arten von Viren“, sagt Andreas Farnleitner. „Das sind normalerweise Viren, die sich im menschlichen Darm vermehren und über Exkremente in die Umwelt gelangen. Das können etwa Enteroviren, Rotaviren oder Adenoviren sein, die teilweise wochenlang außerhalb des Körpers infektiös bleiben können. Coronaviren sind viel weniger stabil. Sie können im optimalen Fall wenige Tage im Freien überleben, unter realistischen Bedingungen sind es meist eher Stunden oder Minuten.“

 

Ein Virus wie eine Seifenblase

Die Stabilität hängt vom grundlegenden Bauplan des Virus ab: Jedes Virus besitzt genetisches Material, entweder in Form von DNA oder RNA. Dieses Erbmaterial alleine ist allerdings völlig wirkungslos. Es muss in eine Kapsel aus Proteinen eingeschlossen sein – das sogenannte Capsid. Ein Protein-Capsid kann recht stabil sein und manchen Viren ein langes Überleben in freier Natur erlauben. Die Proteine des Capsids ermöglichen es dem Virus, an eine Zelle anzudocken und sie zu infizieren. Nach einer Infektion kann das Virus die Zelle verwenden um sich selbst zu vervielfältigen: Die Zelle wird dazu gebracht, die für das Virus nötigen Proteine herzustellen – nach dem genetischen Bauplan des Virus. Auch die Erbinformation des Virus selbst wird innerhalb der Zelle kopiert. So entstehen die nötigen Bauteile für weitere Viren.

Coronaviren haben allerdings nicht nur ein simples Capsid, sondern zusätzlich eine zarte Membranhülle aus Lipiden. Die Proteine, die das Virus zum Andocken an Zellen braucht, sind in diese Hülle eingebettet. Diese Lipide holt sich das Virus einfach aus der äußeren Zellmembran der infizierten Zelle.„Die Hülle der Coronaviren, die aus Lipiden und eingebetteten Proteinen besteht, ist sehr zart und fragil“, sagt Andreas Farnleitner. „Man kann sich das vorstellen wie eine Seifenblase. Daher ist die Umweltpersistenz gering, das Virus kann außerhalb des Körpers nicht lange überleben.“

 

Social Distancing und Hygiene

Es ist also nicht nötig, sauberes Trinkwasser (wie es vom Wasserversorger geliefert wird) abzukochen, und man wird sich nicht über Lebensmittel mit SARS-CoV-2 anstecken. Entscheidend ist, die Hygieneempfehlungen einzuhalten: Häufiges Händewaschen ist wichtig – Seife zerstört nämlich die Lipidhülle des Virus. Wenn man hustet, sollte man darauf achten, das Virus nicht weiterzuverbreiten. Am besten ist es, in die Armbeuge zu husten oder in ein Taschentuch, das danach weggeworfen wird. Und wer Kontakte so weit wie möglich einschränkt, bremst damit auf jeden Fall die Geschwindigkeit der Ausbreitung.

 

Kontakt

Prof. Andreas Farnleitner
Forschungszentrum Wasser und Gesundheit
Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften
Technische Universität Wien
T +43-1-58801-166557
andreas.farnleitner@tuwien.ac.at

 



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