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Neue Biomoleküle zum Aufspüren von Bakterien

Das ICC entwickelt kostengünstige Erkennungsmoleküle für zukünftige diagnostische Schnelltestmethoden.


Sekundärstruktur des entwickelten DNA Aptamers für Enterococcus faecalis

Das ICC Water & Health entwickelt kostengünstige Erkennungsmoleküle für Bakterien – sogenannte DNA Aptamere – die als Werkzeuge für zukünftige diagnostische Schnelltestmethoden großes Potenzial bieten.

 

Schnelle Zellnachweisverfahren

 

Schnelle und direkte Zellnachweisverfahren, wie (Online-)Durchflusszytometrie oder Mikroskopie sind derzeit nur im begrenzten Ausmaß für Wasserqualitäts-untersuchungen einsetzbar. Begründet dadurch, dass sie harmlose nicht von gesundheitsrelevanten Bakterien unterscheiden können. Kostengünstige Erkennungsmoleküle, wie Aptamere, gekoppelt mit Fluoreszenzfarbstoffen könnten Abhilfe schaffen und in Zukunft zur gezielten Zellmarkierung dienen.

 

Claudia Kolm hat in der Forschungsgruppe Umweltmikrobiologie und Molekulare Diagnostik von Andreas Farnleitners zugeordneten Arbeitsgruppe von Georg Reischer nun erstmals DNA Aptamere für Fäkalbakterien in Wasser generiert und die Aptamer-Entwicklungstechnologie etabliert. Das Verfahren wurde kürzlich im Fachjournal „Scientific Reports“ publiziert.

 

Maßgeschneiderte Erkennungsmoleküle aus DNA-Bausteinen

 

Aptamere sind kurze, synthetisch erzeugte DNA- oder RNA-Moleküle, die aufgrund ihrer dreidimensionalen Struktur, Zielmoleküle erkennen und spezifisch binden. Ähnlich wie bei Antikörpern erfolgt die Bindung nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. So binden Aptamere an ganz bestimmte Proteine und komplexe Oberflächenstrukturen von Zellen. Aber auch für kleine Moleküle, wie etwa Antibiotika oder unterschiedliche Gifte, lassen sich spezifische Aptamere generieren.

 

Forschung und Industrie erkennen zunehmend das Potenzial von Aptameren. Zumal diese „chemischen Antikörper“ robuster und viel einfacher und reproduzierbarer herstellbar sind.  Im Gegensatz zu Antikörpern ist die Aptamerentwicklung auch nicht abhängig von Tieren und Zelllinien. Sie werden in vitro generiert und lassen sich für diagnostische Endanwendungen anpassen. Unter welchen Bedingungen das Aptamer sein Target bindet (Puffer, Temperatur, etc.) kann bereits in der Entwicklung definiert und festgelegt werden.

 

Evolution im Reagenzglas

 

Ausgangspunkt der Aptamerentwicklung und des publizierten Verfahrens mit Enterococcus faecalis Zellen als Target, war eine kombinatorische DNA-Bibliothek mit ~1015 verschiedenen einzelsträngigen DNA-Molekülen. Um diesen riesigen DNA-Pool nach passenden Kandidaten zu durchforsten und die Nadel im Heuhaufen zu finden, bedient man sich eines Prozesses, der der natürlichen Evolution ähnelt. Dabei werden DNA-Moleküle, die an das Zielbakterium binden, selektiert und gezielt vermehrt. Über mehrere Runden mit zunehmenden Selektionsdruck trennt man die Spreu vom Weizen. In Kombination mit modernen Sequenziermethoden und eigens dafür entwickelten bioinformatischen Datenanalyse-Tools konnte ein spezifisches Aptamer für Enterococcus faecalis im DNA-Pool angereichert und identifiziert werden. Tests mit engverwandten und anderen Bakterienspezies, die in fäkalbelasteten Gewässern zu finden sind, zeigten keine Kreuzreaktivität.

 

Sowohl das generierte Aptamer als auch die etablierte Aptamer-Entwicklungsplattform bieten großes Potenzial für weitere Forschung & Entwicklung. So wird bereits im Rahmen eines vom Land Niederösterreich geförderten Projekts (Life Science Call LS17-007) an DNA Aptameren für Vibrio cholerae gearbeitet – dem Erreger der Cholera.

 

 

 

Originalpublikation

 

Kolm C., Cervenka I., Aschl U.J. et al. DNA aptamers against bacterial cells can be efficiently selected by a SELEX process using state-of-the art qPCR and ultra-deep sequencing. Sci Rep 10, 20917 (2020)

 

Fördergeber:

 

  • Österreichische Akademie für Wissenschaften (DOC-Stipendium, Claudia Kolm)
  • Niederösterreichische Forschungs- und Bildungsges.m.b.H.

 

Kontaktdaten:

 

Dr. Georg Reischer | ICC Water&Health | Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften, Technische Universität Wien | georg.reischer@tuwien.ac.at

 

 

 

Dr. Claudia Kolm | ICC Water&Health | Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften, Technische Universität Wien | claudia.kolm@tuwien.ac.at

 



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Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften